von Alvaro Aguilera
Slowakei-Ungarn 2018
Am Tag der deutschen Einheit vereinigten sich beide Dresdner Tauchvereine und starteten gemeinsam einen der meisterwarteten Ausflüge des Jahres. Unsere Reise führte uns durch das Herz der slowakischen Gebirge bis in die Tiefen einer europäischen Metropole.
Opal Mine
Im Osten der Slowakei befindet sich eine der wichtigsten Lagerstätten von Edelopal der Welt. Der Abbau von Opal began in dieser Region bereits zur römischen Zeit und die ersten modernen Gruben entstanden schon im frühen XV. Jahrhundert. Sie wurden bis zur Entstehung der Tschechoslowakei im Jahr 1922 betrieben und dann aufgrund der sowjetischen Misswirtschaft stillgelegt. Viele der prachtvollsten Opal-Schmuckstücke stammen aus Dubník, z.B. der größte je in Europa gefundene Edelopal (594 Gramm) und Das Brennen von Troja, das Napoleon seiner Ehefrau Josephine geschenkt hat. Der Abbau über all diese Jahre hat ca. 22 km unterirdische Stollen hinterlassen, die bis 150m in die Tiefe gehen. Sie haben seit 1964 Schutzstatus, denn dort überwintern ca. 4000 Fledermäuse von 11 verschiedenen Spezies. Seit Juni 2015 werden geführte Rundgänge im Bergwerk angeboten, auch in den 5 gefluteten Sohlen, die sich über 5km ausdehnen. Genau diese Stollen wollten wir erkundigen.
Am Mittwoch starteten wir um 9:00 Uhr unsere Reise in Dresden mit zwei Autos und auch wenn die Fahrstrecke nur etwa 750km betrug, brauchten wir fast 11 Stunden wegen fehlender Schnellstraßen in der Slowakei, um unsere Unterkunft in Zámutov zu erreichen. Die Küche in der Penzión Opál war noch offen und wir genossen ein reichliches Abendessen slowakischer Art. Am nächsten Morgen trafen wir uns um 10 Uhr mit Peter Kubicka, der die Tauchführungen dort leitet, vor dem Eingang des Jozef-Stollens. Er war um 3 Uhr aufgestanden und fuhr den ganzen Weg von Bratislava (genau am anderen Ende des Landes) um zwei Gruppen von Tauchern das Bergwerk über das Wochenende zu zeigen.
Das Tauchen in der Opal Mine weist einige Herausforderungen auf. Zum einen muss man mindestens 4 Tauchgänge pro Person buchen. Dies würde kein Problem darstellen, wenn es denn eine Füllmöglichkeit in der Nähe gäbe. Leider ist das nicht der Fall. Wenn man nicht mit Kreislaufgeräten oder einem mobilen Kompressor ausgestattet ist, muss man ausreichende Tauchflaschen mitbringen. Mit der Unterstützung von Frank, Nils, und Lutz konnte jeder im Team über zwei doppel 12er und zwei 80er Stages verfügen. Dazu hatten wir auch zwei 40er Sauerstoffflaschen parat, sollte es zu einem Dekounfall kommen. Als Atemgas hatten wir Nitrox 32 ausgewählt, eine Mischung, die aufgrund des Tauchprofils der Mine und Kälte des Wassers (3°-5°C) sehr zu empfehlen ist. Die andere Hürde der Opal Mine stellt der anstrengende Weg bis zum Einstieg ins Wasser dar. Die zahlreichen rustikalen Treppen verhindern den Transport der Ausrüstung mittels einer Sackkarre, d.h. man muss alles auf dem Rücken runter und wieder hoch tragen. Dieser körperliche Aufwand sollte von künftigen Interessenten nicht unterschätzt werden.
Das Tauchen in der Opal Mine lohnt sich jedenfalls. Das vulkanische und eisenhaltige Gestein verleiht der Opal Mine eine warme, rötliche Atmosphäre, die ganz anders ist, als in unseren heimischen Schiefer- und Kalksteingruben. Man schwebt im glasklaren Wasser durch die in der Zeit gefrorenen Gänge und betrachtet diese faszinierende unterirdische Welt. Das Eisen hat über die Jahr auch sehr ansehnliche Dekorationen gebildet, die eine gewisse Ähnlichkeit mit kleinen Stalaktiten besitzen.
Sobald wir am Freitag mit dem 4. Tauchgang in der Opal Mine fertig waren und unsere Ausrüstung mühsam wieder raus gebracht haben, verabschiedeten wir uns von Peter Kubicka und fuhren die 350km weiter nach Budapest. Dort warteten Frank, Moni und Nils auf uns.
Molnár János
Budapest ist nicht nur eine sehenswerte Großstadt, die ihren europäischen Charakter bewahrt hat, sondern auch ein geniales Tauchgebiet voller Geheimnissen. Unter den Gebäuden verlaufen riesige Höhlen und Bergwerke, die man mitten in einer mitteleuropäischen Hauptstadt nie vermuten würde. Die Ursache für die Höhlen und die bekannten Thermalquellen liegt in der geografischen Lage Budapests: die Stadt liegt auf einer geologische Bruchstelle bzw. Verwerfung, da wo das ungarische Mittelgebirge in das Tiefland fließt. Aus dieser Verwerfung kommt das Thermalwasser herauf, das durch verschiedene Wege in der Donau mündet.
Im Normalfall (und vereinfacht gesagt) entstehen die Höhlen durch saures Regenwasser, das in die feinen Ritzen des Kalkgesteins eindringt und den Kalk löst. Die Speläogenese der Höhlen in Budapest ist hingegen ganz anders, denn sie sind durch das Thermalwasser aus der Verwerfung von unten nach oben entstanden. Aus diesem Grund weisen sie keine große natürliche Öffnungen bis zur Oberfläche auf. Somit blieben diese Höhlen bis zur Urbanisierung der Stadt unentdeckt.
Molnár János ist eine Unterwasserhöhle im Stadtzentrum Budapests. Sie wurde nach dem Apotheker János Molnár genannt, der sich im 19. Jahrhundert mit der Karstquelle am Malom See auseinandersetze und zu der Vermutung kam, dass es sich um die Mündung eines großen Höhlensystems handeln müsste. Der Durchbruch kam allerdings erst im Jahr 2002 als eine Unterwasserpassage ins Herz der Höhle gefunden wurde. Nach einem Tauchunfall war das Tauchen in der Molnár János einige Jahre lang verboten. Seit 2015 ist es aber wieder möglich und genau das hatten wir vor.
Am Freitag sind wir gegen 19:30 Uhr im Hotel Császár angekommen. Das Hotel war ein Volltreffer, denn es ist günstig sowohl von der Preis-Leistung als auch von der Lage her. Es befindet sich lediglich 150 m von Molnár János entfernt und besitzt verschiedene Schwimmbecken, in denen man sich entspannen kann. Am Samstag waren wir pünktlich um 8:00 Uhr an der Tauchbasis, wo unsere Brevetierungen, Tauchuntersuchungen und TÜV der Flaschen akribisch kontrolliert wurden. Wir waren von der Professionalität und Logistik der Tauchbasis sehr beeindruckt. Man kann sagen, dass diese Tauchbasis mit zu den besten der Welt gehört. Die Betreiber haben an nichts gespart und es ist die erste Höhle mit WLAN, in der ich gewesen bin.
In Molnár János leben drei Spezies von Höhlenflohkrebsen und die Höhle hat einen Schutzstatus seit 1982. Nach der ungarischen Gesetzgebung hat dies zur Folge, dass nur geführte Tauchgänge möglich sind. Unsere Tauchgänge erfolgten in zwei Gruppen: einerseits die brevetierten Höhlentaucher, die tief in die Höhle eindringen durften, und andererseits die nicht Brevetierten, die sich näher vom Einstiegspunkt bewegten.
Die Höhle bietet mit den ca. 6 km erforschten Gängen und bis 90m Tiefe spektakuläre Tauchgänge für alle Erfahrungsstufen. Die Wassertemperatur variiert zwischen 28°C an der Oberfläche und etwa 20°C ab 10 m Tiefe. Das Wasser ist glasklar und die Morphologie der Höhle mit den vielen Ebenen, Verzweigungen und Kristallformationen einfach faszinierend. Eindeutig eine der schönsten Höhlen im kontinentalen Europa, was anhand unserer Gesichtsausdrücke nach den Tauchgängen klar zu erkennen war.
Kőbánya
Kőbánya (dt. Steinbruch) ist ein Industriegebiet östlich der Donau in Budapest, in dem in der Vergangenheit Kalkstein für die Errichtung der prominenten architektonischen Denkmäler der Stadt abgebaut wurde. Während der letzten fünf Jahrhunderte ist durch diese Aktivität ein großes Bergwerk mit unzähligen Stollen entstanden, die in Vergessenheit geraten waren und heute immer wieder für Probleme wie kollabierende Gebäude oder Straßen sorgen.
Seit der Stilllegung wurden diese enormen Stollen im Laufe der Zeit als Weinkeller, versteckte Fabrik für Kriegsflugzeuge und später auch als Wasserquelle für das homonyme Bier verwendet. In jüngster Zeit ist das Bergwerk eine weitere Tauchattraktion in Budapest geworden und wir haben es am Sonntag besucht.
Wenn auch nicht so spektakulär wie Molnár János und mit viel kälterem Wasser (11°C) stellt Kőbánya eine beeindruckende Tauchmöglichkeit dar. Allein die Anfahrt mit den Autos bis zu den Einstiegspunkten im inneren des Bergwerks ist schon den Besuch wert. Anders als in anderen Bergwerken wie Miltitz oder der Opal Mine, sieht Kőbánya wie ein versunkenes Gebäude aus und man taucht in den langen Korridoren entlang und Treppen hinunter.
Nach zwei Tauchgängen traten wir die Rückfahrt nach Dresden, wo alle gegen 22 Uhr heil ankamen.